Ich muss eingestehen, ich hatte mir diesen Camino nicht so anstrengend vorgestellt. Aber auch das ist eine Erfahrung die gelebt werden will. Nicht nur dass die Tagesetappen bedingt durch die Infrastruktur ungewöhnlich sind, dazu kommt das Wetter der vergangenen Tage, lange Strecken im Regen, durch Schlamm, nasses Geröll und über glitschiges Gestein.
Heute gab es mal wieder einen unterhaltsamen Abend in einer Pilgerbar. Michelle aus der Bretagne, Marc aus Tschechin, wir haben uns schon auf dem Weg getroffen, sowie ein Engländer und ein Paar aus der französischen Schweiz kamen in der Bar dazu.
Es ist schon auffällig wieviel Pilger auf diesem Weg, wie auch ich, die Hotels den Pilgerherbergen vorziehen. Viele Hotels entlang des Caminos bieten abweichend von den normalen Übernachtungen spezielle Pilgerpreise an.
Etwas bedauerlich finde ich das viele „Pilger“ inzwischen den fullservice in Anspruch nehmen, d.h. der Weg ist von Unterkunft zu Unterkunft vorgebucht und das Gepäck wird durch einen Dienstleister transportiert, irgendwie passt das nicht zum Geist des Caminos.
Noch einmal Halbzeit
Jetzt habe ich auch fast die Halbzeit bis zum Kap Finistère erreicht. Mehr als 450km liegen schon hinter mir. Ich schreibe fast und ich schreibe schon heute.
Ein paar kleine Kilometer fehlen noch, aber nach einer sehr langen Etappe morgen bis nach Gijón werde ich keine Lust mehr haben etwas zu schreiben.
Die letzten zwei Tage waren eher kurze, wenn auch anstrengende Wege, bedingt durch die Infrastruktur des Weges.
Heute musste ich mich von einer ganzen Anzahl von Pilgerbekanntschaften verabschieden. Hier in Villaviciosa teilt sich der Jakobsweg. Wärend ich weiter den Küstenweg gehe, wählen diese den abzweigenden Camino Primitivo, einen spannenden und sehr anspruchsvollen Weg. Das sind vier Holländer die jedes Jahr sieben Tage auf dem Camino verbringen wie auch ein Australier und eine, man mag es kaum glauben, eine fließend spanisch sprechende Hawaiianerin. Die beiden letzteren beabsichtigen auch den ganzen Weg bis Santiago zugehen. Aber ich denke das mir noch einige andere Bekanntschaften erhalten bleiben und ich noch neue finden werde.
Halbzeit…
… in Ribadesella, etwas über 400km liegen bereits hinter mir. Das ist rund die halbe Strecke des Weges bis Santiago. Eigendlich sollte meine Tagesetappe heute etwas kürzer werden, aber auf den letzten Kilometern kam ich an mehreren Unterkünften vorbei die alle geschlossen waren. Ausgerechtet bei dieser Etappenverlängerung kam ich in eine heftige Regenschauer.
Das war mal wieder ein typischer Abend auf dem Camino…
Irgendwie hatte ich heute schon den ganzen Tag das Gefühl ich bin nicht so fit wie sonst.
Auch hatte meine Naviganzionshilfe KOMOOT gesponnen.
Ich hatte schon vor einigen Tagen von den gelben Pfeilen als den besten Freunden des Pilgerns berichtet. Seit ein paar Tagen vermehren sich diese geradezu inflationär.
Heute stand ich gerade an einem Kreisverkehr als an den neuen Markierungen der regionalen Bruderschaft, oder soll ich sagen der rivalisierenden Ortsbürgermeister, angebracht wurden…ich hatte die Wahl zwischen rund acht Kilometer oder nur fünf Kilometern.
Ich habe mich ziemlich schnell für die fünf Kilometer und ein Hotel in der Nähe entschieden.
Ich hatte nicht damit gerechnet…aber im laufe des Abends sammelte sich eine ganze Schar von Jakobspilgern in der Hotelbar ein…es wurde ein sehr vergnüglicher Abend…mal sehen wann und wo man sich wieder trifft…auf dem Camino kann man sich kaum aus dem Weg gehen…Stephan aus Belgien und Nancy aus Toronto/Kanada, wir sind ein wenig versackt….
Pintxos und das Allgäu
Leider habe ich heute das Baskenland verlassen und bin nach Kantabrien hinüber gewechselt.
Der Vorteil für mich: nicht mehr so viele und steile Steigungen, ab jetzt wird die Wegführung des Camino entspannter.
Der Nachteil für mich: ich muß jetzt diese leckeren und kulinarisch wertvollen Pintxos gegen diese „Tapashausmannskost“ eintauschen.
Wer von euch geneigten Lesern hat schon einmal das Baskenland besucht? Ich bin heuer zum ersten mal an dieser nordspanischen Atlantikküste.
Ich dachte ich bin im Allgäu. Kühe, Schafe und Ziegen weiden auf Steilhangwiesen, ein paar Bauernhöfe, einige luxuriöse Ferienhausvillen….und am Fuße des „Allgäu“ dümpeln die mehr oder weniger luxuriösen Yachten in der Atlantikdünung.
Na gut, hier im Hintergrund sind es nur ein paar Frachter auf Reede.
Gernika
Am Nachmittag des 02.Mai 2024 erreichte ich diesen geschichtsträchtigen Ort.
Der Jahrestag des Luftangriffes der deutschen „Legion Condor“ auf Gernika war gerade ein paar Tage vorbei. Ich war erstaunt wie präsent dieses Thema im Stadtbild von Gernika heute noch ist.
Eigentlich wollte ich in stillen Gedenken der Opfer einige Minuten vor diesem Wandbild verharren, dabei musste ich froh sein einen kurzen Augenblick freies Sichtfeld zum fotografieren zwischen den Touristenströmen zu bekommen.
Dieses Keramikfliesen Wandbild ist die Reproduktion des Weltberühmten Picasso Bildes „Guernika“ (alte Schreibweise) das dieser aus Wut und Trauer über diesen Angriff geschaffen hat.
Unweit dieses Wandbildes befindet sich das Friedensmuseum von Gernika mit einer großen Dauerausstellung zu diesem Bombenangriff vom 26. April 1936 und den verheerenden Folgen für diese Stadt und deren Bevölkerung.
Als junger Techniker, es war Mitte der 1970ziger Jahre, kurz nach meiner Bundeswehrzeit, hatte ich Kontakt zu einem Kunden, einem älteren Herrn kurz vor dem Rentenalter, der damals noch stolz darauf war Mitglied dieser „Legion Condor“ gewesen zu sein. Mir dreht sich heute noch der Magen um, wenn ich mich an das Gespräch mit ihm erinnere.
Der gelbe Pfeil, der beste Freund des Jakobspilgers.
Sonntag Nachmittag bin ich von Bilbao kommend mit dem Überlandbus in Irun eingetroffen. Irun ist der Ort zur französischen Grenze am Nord-Westende der Pyrenäen.
Hier an der Grenze beginnt der Camino de la Costa.
Nur wenige hundert Meter vom Busbahnhof entfernt traf ich auf meinem ersten Freund, dem gelben Pfeil. Hier liegt auch die Pilgerherberge von Irun, aber am frühen Nachmittag hatte ich noch keine Lust einzukehren. Ich machte mich gleich auf den Weg nach Pasaia, der Weg war nicht zu verfehlen, die Pfeile waren zum Großteil neu gemalt worden, Wegweiser und hölzerne Stehlen waren erneuert worden.
Wie viele Teilstücke des Camino del Norte war auch hier die Wegführung recht Anspruchsvoll. So kam ich erst gegen 19.00Uhr am Abend an der Pilgerherberge Santa Ana an. Und diese war bereits überbelegt, alternativen gibt es hier nicht.
Hier kommt nun der zweite Freund des Pilgers zum tragen, der kreative Geist des Hospitalieros. Es wurden Matratzen und Decken auf dem Fußboden zwischen den Betten ausgelegt, so das einige andere wie auch ich noch zu einem Nachtlager kamen.
Wir waren eine buntgemischte, internationale Gästeschar, zum Teil auch aus Übersee. Es kam das Gespräch auf meinen auffällig großen Rucksack, wie schon einmal erwähnt, runde 13kg. Hier stellt sich die Frage, was ist überhaupt lebensnotwendig. Unser amerikanischer Pilgerfreund kam noch nicht einmal auf fünf Kilogramm, er gehörte aber auch zu der Fraktion die mit abgesägtem Zahnbürstenstiel reisten um Gewicht einzusparen.
Zwei andere Pilger hingegen führten sogar ein Musikinstrument mit, ein deutscher seine Gitarre, ein Irischer Pilger seine Fiddle. So wurde es ein kurzweiliger Abend mit Musik aus Irland, Deutschland, Frankreich und Spanien. Der Höhepunkt das Abends war natürlich die ULTREIA, das Lied unserer französischen Pilgerfreunde.
Letzter Abend in Bilbao, oder Morgen geht es ab Irun auf den Camino
Nach drei Tagen in dieser interessanten und quirligen Stadt geht es morgen endlich auf den Camino de la Costa.
Ich bin begeistert von dieser Stadt Bilbao, sie hat meine Erwartungen übertroffen. Sie ist lebhaft, weltoffen, aber nicht zu laut und sehr sauber.
Eine gut erhaltene alte Architektur in gelungener Kombination mit neuer Architektur, dazu Kunst, Kultur und lecker Essen.
KUNST, das heißt natürlich in erster Linie das imposante Guggenheim Museum, aber auch die Kunst im öffentlichen Raum längst des Flussufer des Nervion.
LECKER essen hies für mich Thunfisch Tartar mit Granatapfelkernen auf einer Avocadocreme mit Zitrusaroma, einfach köstlich.
Nicht zu unterschätzen natürlich die baskichen Pintxos, so wird hier die kulinarische Steigerung der spanischen Tapas genannt.
Morgen geht es mit dem Überlandbus an die Spanisch-Französiche Grenze, an das Nord-Westende der Pyrenäen. Dort werde ich mit einer ersten, kleinen ca. 15km Etappe meinen Camino beginnen.
Eine Anmerkung noch: Ich hatte mir ein Hotel in Bilbao ausgesucht das „strategisch günstig“ zwischen dem Fernbusbahnhof und dem Guggenheimmuseum liegt. Gefunden habe ich ein Hotel das nach den Inclusionprinzip geführt wird, ein Hotel für Menschen mit und ohne Behinderung, das betrieben wird von Menschen mit und ohne Behinderung, jeder nach seiner Leistungsfähigkeit. In Spanien scheint so etwas wesentlich selbstverständlicher zu sein als in Deutschland, dieses Haus hier ist Bestandteil einer ganzen Kette solcher Hotels
Bitte beachten, Aktualisierung zu meinem Vortrag vom 01.08.2022
Meine aktualisierte Packliste
Jahreszeit- und anlassgemäß aktualisiert.
Aufgrund einiger neuen Komponenten in leichterer Ausführung ist mein Rucksack trotz der neuen, etwas schwereren Kamera, noch einmal fast zwei Kilo leichter geworden gegenüber meinem letzten Camino, ich komme nur noch auf ca. 13 Kilogramm.
Bei meinem letzten Camino 2022 ab Lissabon waren es noch 15 Kilogramm, bei meinem ersten Camino 2018, da bin ich allerdings von der Haustüre aus vom Sommer in den Herbst hinein gegangen, da waren es sogar noch 17 Kilogramm.